



Wir sind die Mieter*innen der Häuser, die verkauft werden sollen.
Für den Käufer – die Heimstaden Bostad AB – sind wir bloß eine Reihe von Zahlen: über 800 Milionen Euro – über 4.000 Wohnungen – 300 Gewerbeeinheiten – 146 Häuser.
Aber – was ist ein Haus?
Ein Haus ist ein einzigartiges Gebilde aus Steinen, Menschen und Beziehungen, die sich im Laufe der Zeit etablieren und wandeln. Ein Haus ist ein komplexes Ökosystem.
Ähnlich wie ein Baum ist ein Haus immer mehr als die Summe seiner Einzelelemente und seiner Bewohner*innen.
Bäume und Wälder sind gute Beispiele für vernetzte Wesen, die nur in vielfältigen Wechselwirkungen bestehen. Eine Stadt kann man mit so einem Ökosystem durchaus vergleichen. Sie wird nicht einfach gebaut, sie ist nicht einfach: sie wird, während wir unseren Alltagsgeschäften nachgehen, während wir unsere Wege zur Arbeit, zur Schule, zur Kita, zum Arzt gehen. Während wir feiern, spielen oder Bier in der Eckkneipe trinken. Was auf diese Art und Weise entsteht ist immer einmalig und einzigartig. Und deswegen es ist auch unbedingt schützenswert.
Bleiben wir noch kurz bei dem Waldvergleich.
Was passiert, wenn ein Investor Häuser, ja ganze Blocks und Straßenzüge mit gewachsenen Hausgemeinschaften und Kiezstrukturen kauft und dann ein eigenes Konzept durchsetzen will? Einen Konzept nämlich, das diesen fröhlichen nachbarschaftlichen Wildwuchs zu einer ertragsoptimierten Monokultur macht? – Ja, es ist mit Rodung und Neuaufforstung vergleichbar. Aber die neu eingepflanzten, ertragsoptimierten Mieter werden lange noch keine Häuser und keine Stadt bilden. Die werden zunächst ein dünnes, trauriges und anfälliges Forstlein werden. Und das ist so gewollt. Die neuen Mieter*innen werden zwar als „Kunden“ angesprochen, aber in Wirklichkeit sind sie – sind die Häuser – nur Anlageobjekte. Und die sollen lieber kein resilientes gut vernetztes Ökosystem bilden.
Wir müssen uns jetzt und heute die Frage stellen: Wie wollen wir Wohnen in unserer Stadt, in unseren Städten? Wollen wir Monokulturen aus nach Einkommen sortierten Anlageobjekten bilden? In Reichen- und Armen Ghettos aufgeteilt werden? Vom Eigentümer mit einem „Community Manager“ anstatt mit Mitspracherecht ausgestattet?
Die aktuellen Mega-Immodeals bringen die zur Verfügung stehenden Instrumente zur (Re)Kommunalisierung des Wohnraums, wie das bezirkliche Vorkaufsrecht, an die Grenzen der Belastbarkeit. Das ist uns klar.
Und dennoch appellieren wir hier und heute an den Berliner Senat: Handle jetzt!
Setze ein Zeichen an die Investoren, dass unsere gewachsene Stadtstruktur, dass das feine Gewebe an sozialen Beziehungen, dass die kulturelle Vielfalt nicht ohne weiteres zu Objekten einer reinen Renditeextraxion werden dürfen.
Unterstütze den Vorkauf unserer Häuser. Verbiete die Umwandlung in Eigentumswohnungen, die zur Zerschlagung der Hausgemeinschaften und zur Verdrängung, wenn auch auf Zeit, führt.
Stelle politische und wirtschaftliche Mittel bereit, um die Stadt vor dem drohenden Ausverkauf zu schützen.
Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Wohnen ist ein Menschenrecht. Wohnen ist die Grundlage der urbanen Kultur und der menschlichen Kultur überhaupt.
Unsere vielfältige, buntgemischte und quietschlebendige Berliner Wohnkultur darf nicht aufgrund partikularer Wirtschaftsinteressen veröden. Unsere lebens- und liebenswerte Stadt darf nicht für die Renditeversprechen börsennotierter Großkonzerne geopfert werden.
Wir leben und wir lieben in unseren Häusern. Wir leben und lieben unsere Häuser. Wir sind unsere Häuser – Und unsere Häuser sind diese Stadt: Ein hochkomplexes, historisch gewachsenes und unbedingt schützenswertes Ökosystem. Helft uns, es zu erhalten!